Deutsche Regiopolen trafen sich in Würzburg: Lernen von Best-Practice-Beispielen
Regiopolen sind starke urbane Zentren, die sich in der Raumplanung zwischen Oberzentrum und Metropole einordnen. Sie liegen abseits der deutschen Metropolen und sind oft von ländlichen Regionen und mittelgroßen Städten umgeben. Dennoch weisen sie eine dynamische wirtschaftliche Stärke auf. Gerade im regionalen Kontext können viele Aufgaben effizienter durch interkommunale Kooperationen gelöst werden, was eine zentrale Rolle für die Sicherstellung der Daseinsvorsorge spielt. Im Verbund setzen sich die Regiopolen Würzburg, Koblenz, Rostock, Siegen, Bielefeld, Paderborn, Erfurt und Trier für eine faire Berücksichtigung in der Strukturpolitik und in der Raumplanung ein.
Ein wichtiger Teil des Treffens war deshalb der Austausch mit der Bundespolitik. Gäste waren der Vorsitzende des Parlamentarischen Kreises „Regiopolen und Regiopolregionen im Bundestag“, MdB Dr. Thorsten Rudolph, und Jens-Uwe Staats, der im Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen für Grundsatzfragen der Raumordnung zuständig ist. Der amtierende Vorsitzende des Netzwerks, Würzburgs Oberbürgermeister Schuchardt, zog ein positives Resümee: „Dank einer starken Interessensvertretung ist es Würzburg schon 2018 gelungen, das Konzept der Regiopole in die bayerische Landesplanung zu integrieren. Dies stärkt den Nordwesten Bayerns zwischen den benachbarten Metropolen und bietet unsere Region neue Entwicklungsperspektiven, um die uns andere Bundesländer teilweise beneiden. Unser Netzwerk hat sich zum Ziel gesetzt, die Raumkategorie „Regiopole“ nicht nur auf Landes-, sondern auch auf Bundesebene dauerhaft zu etablieren und sichtbarer zu machen.“
Der Kreis der Teilnehmer wurde am zweiten Tag vom Lenkungsausschuss dieses Netzwerks zu einem Fachsymposium zum Thema „Kommunalverbünde besonderer Art“ erweitert, dem auch zahlreiche Gäste aus der Wissenschaft, Politik und Verwaltung angehörten.
Christian Schuchardt eröffnete das Symposium und betonte die großen Potenziale in der Region Würzburg beispielweise auf den Feldern der Stadtentwicklung, Mobilität, Infrastruktur. Michael Dröse, Leiter der Stabsstelle im Landratsamt Würzburg und Jacek Braminski, der Persönliche Mitarbeiter des Oberbürgermeisters, stellten gemeinsam die Entwicklungsstrategie stadt.land.wue vor. Eine 90%ige Landesförderung ermöglicht, bis Ende 2025 ein konkretes und belastbares Strategiepapier zu entwickeln, das klar aufzeigt, wie Stadt und Landkreis in der Zukunft miteinander zusammenarbeiten wollen. Dieser Prozess, der weitere Bürgerbeteiligungen vorsieht, ist angelaufen.
Auch die Frage nach der richtigen Rechtsform für eine solche Zusammenarbeit muss für die Region Würzburg noch beantwortet werden. Prof. Dr. Axel Priebs von der Akademie für Raumentwicklung der Leibnitz-Gemeinschaft zeigte das breite Spektrum stadtregionaler Kooperations- und Organisationsformen auf, die derzeit zur Verfügung stehen und betrachtete die Auswirkungen, die sich zwischen Kiel und Freiburg bereits abzeichnen. Prinzipiell gebe es leider kein „one fits all“, sondern jede Region müsse sich individuelle Antworten auf definierte Herausforderungen geben.
Die Städteregion Aachen stand beim Symposium unter besonderer Betrachtung. Städteregionsrat a.D. Helmut Etschenberg gewährte einen Einblick und Rückblick wie die Kommunen des Kreises Aachen und die kreisfreie Stadt zur Städteregion mit rund 570.000 Einwohnern zusammenfanden. Ein mehrjähriger Prozess mit anfänglichen Rückschlägen, am Ende aber auch einstimmigen Zustimmung des Landtags zum Aachen-Gesetz
Prof. Dr. Kyrill-Alexander Schwarz von der Universität Würzburg vertiefte den Punkt „Rechtliche Voraussetzungen zur Bildung von Kommunalverbänden besonderer Art“. Die Befassung des Landtags von NRW im Falle Aachens hatte schließlich bereits verdeutlicht, dass ein Operieren am Selbstverwaltungsrecht der Kommunen schlicht die Basis des deutschen Staatsaufbaus berührt und somit auch ausreichend demokratisch legitimiert sein muss.
Hatte das Symposium bislang hauptsächlich Rückschau betrieben und analysiert, welche Steine einzelne Regionalverbünde bereits aus dem Weg geräumt haben, richtete eine Podiumsdiskussion und der Vortrag von Prof. Dr Carsten Kühl vom Deutschen Institut für Urbanistik zu „Stadt-Umland-Kooperationen 2050“ am Ende den Blick noch einmal weit in die Zukunft. Im besagten Zeitraum warten beispielsweise mit dem demografischen Wandel oder der voranschreitenden Digitalisierung große Herausforderungen und gleichzeitig große Unwägbarkeiten, so seien laut Kühl beispielsweise das Siedlungsverhalten von Menschen und das Ansiedlungsverhalten von Unternehmen kaum prognostizierbar – „Vertrauensgemeinschaften“ könnten mit diesen ungemütlichen Rahmenbedingungen besser zurechtkommen als „Zweckgemeinschaften“.