Gewalt in Jugendhilfeeinrichtungen in den 1960er- und 1970er-Jahren

Stadt Würzburg bedenkt erste Betroffene noch in 2024 mit finanziellen Anerkennungsleistungen

Der Stadtrat der Stadt Würzburg hat in seiner heutigen Sitzung (14. November 2024) einstimmig beschlossen, neun Personen freiwillige Anerkennungsleistungen zu zahlen, die Ansprüche aufgrund von Gewalterfahrungen in Jugendeinrichtungen in den 1960er- und 1970er-Jahren geltend gemacht haben.

Die Stadt Würzburg übernimmt damit die moralische Verantwortung für das Handeln des damaligen städtischen Jugendamtes, das in dieser Zeit Kinder in Einrichtungen der Jugendhilfe freier Träger unterbrachte, in denen sie körperlich oder psychisch misshandelt und / oder sexuell missbraucht wurden. „Als zweite Stadt in Bayern nach der Landeshauptstadt München setzt sich Würzburg damit aktiv mit dem Thema Verantwortung für ehemalige Heimkinder auseinander und ist zugleich die erste bayerische Stadt, die tatsächliche finanzielle Leistungen an Betroffene zahlt, um das erfahrene seelische und körperliche Leid anzuerkennen und Betroffenen, wenn auch erst sehr spät, ein Stück Anteilnahme, Gerechtigkeit und Unterstützung zuteilwerden zu lassen“, sagt Oberbürgermeister Christian Schuchardt. Die Zahlung erfolgt ohne Anerkennung einer Rechtspflicht durch die Stadtverwaltung.

Nach dem Beschluss des Stadtrates vom 16. November 2023 gab es einen öffentlichen Aufruf, auf den sich, zusätzlich zu den der Stadtverwaltung bekannten fünf Personen, noch weitere vier beim Fachbereich Jugend und Familie meldeten. „Diese Personen führten glaubhaft ihre Gewalterfahrungen in Würzburger Jugendeinrichtungen an, in denen sie das damalige städtische Jugendamt untergebracht hatte“, erklärt die Sozialreferentin Dr. Hülya Düber. Die Ausprägungen der Übergriffe wurden in unterschiedlichen Facetten geschildert, aber die Handlungsweisen decken sich in den meisten Fällen. Es handelte sich um körperliche Misshandlungen, sexualisierte Gewalt, Missbrauch und psychische Gewalt. Die damalige Jugendamtsleitung hatte bekanntgewordene Vorfälle nicht ernstgenommen und damit das Kindeswohl nicht beachtet und die Fürsorgepflicht verletzt.

Im Sommer 2024 erhielten diese Personen ein Antragsformular für die Geltendmachung der Anerkennungsleitungen. Dieses Formular war zugleich Basis für die Prüfungen der Ansprüche durch das Sozialreferat der Stadt Würzburg. Die Hilfen werden nun schnellstmöglich umgesetzt, da es sich über eine überschaubare Anzahl von Fällen handelt und Würzburg, anders als München, keine eigenen Einrichtungen betrieben hat.

Weitere Betroffene können sich an den Leiter des städtischen Fachbereichs Jugend und Familie Gunther Kunze (gunther.kunze@stadt.wuerzburg.de, Tel. 09 31/37-23 44) wenden.


(14.11.2024)

>>> zurück