Erfolgreiche Partnerschaft: Städtische Delegation besucht Projekte in Mwanza

Im November ist fantastisches Wetter in Tansania. Trotzdem tragen die drei Würzburger Stadträtinnen Barbara Lehrieder, Marie Büchner und Barbara Meyer bunte Gummistiefel, als sie nach der halbstündigen Überfahrt in einem länglichen, überdachten Holzboot hinunter auf die kleine Insel Ijinga klettern.

Besichtigung der Reservoir- und Pumpanlage auf der Insel Ijinga
Besichtigung der Reservoir- und Pumpanlage auf der Insel Ijinga
Auf dem Foto: Mitglieder der  RUWASA (Rural Water Supply and Sanitation Agency) sowie Stadträtinnen Marie Büchner und Barbara Lehrieder Photo Courtesy: Ramona Seitz

Der direkte Kontakt mit dem Wasser wird möglichst vermieden, denn der Viktoriasee ist mit Erregern der Schistosomiasis befallen, einer Krankheit, die sich vorrangig im Umfeld warmer tropischer Binnengewässer verbreitet.

Die Bekämpfung der Schistosomiasis ist ein wichtiges Anliegen der Würzburger Städtepartnerschaft mit Mwanza. Eine wissenschaftliche Konferenz des Else-Kröner-Centers, das die Bemühungen verschiedener medizinischer Kliniken beider Länder bündelt, war der Anlass der Besuchsreise.

Hier setzt auch jenes kommunale Partnerprojekt an, das die kleine Würzburger Delegation am Beginn ihrer Reise besucht hat. Ein Zusammenschluss aus medizinischen Einrichtungen (Uniklinik, Medmissio-Institut, Tropeninstitut, DAHW, Else-Kröner-Center) und der Stadtverwaltung Würzburg sowie dem Bugando Hospital in Mwanza arbeitet unter Federführung von Dr. Andreas Müller und Prof. Humphrey Mazigo an der Ausrottung der Krankheit in der Region. Um die Verbreitung des Erregers einzudämmen, brauchen die Menschen dringend sauberes Wasser und Toiletten sowie Aufklärung darüber, wie sie sich schützen können.

Vor etwa drei Jahren, im November 2021, konnte zu diesem Zweck der Bau eines Wassertanks sowie Wasserleitungen mit einer Länge von ca. 2,3km und insgesamt sieben Wasserentnahmestellen erfolgreich abgeschlossen und an die örtliche Verwaltung übergeben werden. Solaranlagen betreiben die dazugehörigen elektrischen Pumpen, denn anders als die Millionenstadt Mwanza ist Ijinga sehr ländlich geprägt und bislang nicht ans Stromnetz angeschlossen. Bei ihrer Überfahrt im bunten Holzboot und dem Besuch der Anlagen wurden die deutschen Stadträtinnen von zwei Mitarbeitern der Abteilung Würzburg International, Michal Kopriva und Alexander Kückes, sowie Vertretern der lokalen Behörden begleitet. So konnten sich alle vergewissern, dass die Wasseraufbereitung funktioniert.

Die Maßnahmen auf der rund 2.500 Einwohner zählenden Insel Ijinga zeigen bereits jetzt Wirkung. Während zu Beginn der Aktivitäten im Jahr 2016 die Prävalenz fast 100% betrug, liegt die Infektionsrate derzeit relativ konstant um 20% – auch durch regelmäßig wiederholte Behandlungskampagnen, so Dr. Müller. „Vor allem ist die Wurmlast deutlich niedriger und die Rate an Folgeerkrankungen hat deutlich abgenommen. Einen wesentlichen Effekt sehen wir außerdem in der Verhinderung fortgeschrittener Krankheitsstadien.“ Seit einiger Zeit wurden die Maßnahmen der medizinischen Kooperation des Else-Kröner-Centers daher auf die sehr viel größere Insel Ukerewe ausgeweitet, die ebenfalls etwa 50km von Mwanza entfernt im Viktoriasee liegt.

Ein weiterer Programmpunkt führte die Delegation zum Nyamagana District Hospital, ein zentraler Baustein in Mwanzas öffentlicher Gesundheitsversorgung. Für den Aufbau einer Intensivstation für Neugeborene konnte Würzburg Bundesmittel von Engagement Global einwerben. Damit wurden Fortbildungen und die Anschaffung neuer medizinischer Geräte ermöglicht.

Bereits im Vorfeld der Reise lag den Mitgliedern der Delegation auch ein Besuch des sogenannten Gunzert-Hauses am Herzen. Der ehemalige Verwaltungs- und Wohnsitz aus der deutschen Kolonialzeit wurde kürzlich renoviert, und wird derzeit hauptsächlich für eine historische Ausstellung genutzt, die die Rolle der lokalen Ethnie der Sukuma beim Widerstand gegen die Kolonialherrschaft hervorhebt. Auch das Künstlerkollektiv „Colour Mwanza“ nutzt die Räumlichkeiten als Atelier, und bietet Mal- und Musikunterricht für Kinder umliegender Schulen an.

Zudem hat sich das Gunzert-Haus als Ort etabliert, an dem Fortbildungsprogramme für Kunsthandwerkerinnen stattfinden. Hier werden betriebswirtschaftliche Kenntnisse in Marketing, Produktentwicklung, nachhaltigem Tourismus und Organisation vermittelt. Sowohl diese Fortbildungen, als auch die Einrichtung eines Verkaufsraums für fertige Souvenirprodukte wurden von Mitteln des Würzburger Partnerkaffee e.V. (WÜPAKA) finanziert.

Der Reiseplan der Würzburger Delegation war außerdem gefüllt mit wichtigen politischen Terminen – etwa beim City Director im Rathaus, Kioloni Kibamba. Dieser hat zugesagt, die längst überfällige Anbindung des Gunzert-Hauses an die städtische Infrastruktur voranzutreiben.

Über eine Kooperation mit der St. Augustine University of Tanzania (SAUT) in Mwanza wird zudem eine Promotionsstelle durch die Sparkassenstiftung gefördert. Der junge Historiker Silvester George Mayengo hat sein Vorhaben zu Postkolonialismus vorgestellt. Insbesondere wird er zur Rolle der Volksgruppe der Sukuma während der deutschen Kolonialherrschaft forschen.

Besonders die vielfältigen Projektbesuche werden den Stadträtinnen in Erinnerung bleiben. Neben der oben beschriebenen Zusammenarbeit im medizinischen Bereich bekamen sie außerdem Einblick in die Arbeit von Kindergärten, einem Zentrum für Waisen und Straßenkinder, einer Schule für Kinder mit Behinderung, einem Upcyclingprojekt für Sportartikel, sowie dem sehr effektiven Bildungsprojekt „Mitzkits“, das das Verständnis von Elektronik und Robotik in Schulen fördert.

Stadträtin Barbara Lehrieder zeigte sich besonders beeindruckt vom Engagement der Menschen in Mwanza, und nimmt eine klare Botschaft zurück in den Würzburger Stadtrat: „Die wirtschaftliche Unterstützung durch die bestehenden Haushaltsstellen bleibt unverzichtbar. Auch in schwierigen Zeiten des städtischen Haushaltes sollte die Städtepartnerschaft gepflegt und unterstützt werden.“ Ihr Nachdruck zahlte sich aus. Bereits wenige Tage nach der Rückkehr der Delegation wurde in Haushaltsberatungen ein interfraktioneller Antrag auf Projektförderung in Mwanza beschlossen.

Besuch bei der St. Augustine University of Tanzania (SAUT)
Besuch bei der St. Augustine University of Tanzania (SAUT)
Auf dem Foto v.l.n.r.: Ramona Seitz (Journalistin), Michal Kopriva (Würzburg International), Dr. Delphine Kessy (SAUT), Barbara Meyer (Stadträtin) Dr. Neema Mwita (SAUT, Dekanin der School of Law), Marie Büchner (Stadträtin), Barbara Lehrieder (Stadträtin), Silvester George Mayengo (SAUT, Historiker) Pius Luvumba (SAUT, Leiter der Abteilung für Geschichte), Fulgence Dominick (SAUT, Leiter der Abteilung für Ökonomie und Lehrstuhl für Innovation) Billy Brown (Stadt Mwanza), Alexander Kückes (Würzburg International) Photo Courtesy: Maryam Gichan
Im Gunzerthaus arbeitet das Künstlerkollektiv 'Colour Mwanza'. Außerdem finden dort Seminare statt
Im Gunzerthaus arbeitet das Künstlerkollektiv 'Colour Mwanza'. Außerdem finden dort Seminare statt
Auf dem Foto: Künstlerkollektiv ‚Colour Mwanza‘; Stadträtinnen Barbara Meyer, Marie Büchner, Barbara Lehrieder; Michal Kopriva und Alexander Kückes (Stadt Würzburg); Billy Brown (Stadt Mwanza); Delphine Kessy (SAUT); Victor Elisante (Gunzert House) Photo Courtesy: Ramona Seitz

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