Klara-Ullmann-Straße: Erinnerungskultur gerechter machen
Klara Ullmann war Vorsitzende des israelitischen Frauenvereins. „Ihr wohltätiges Wirken ist ein Beispiel für Solidarität und Mitmenschlichkeit“, begründete Oberbürgermeister Christian Schuchardt anhand von Recherchen des Stadtarchivs, warum die 1936 verstorbene Würzburgerin nun recht spät diese Ehre erfährt. Schuchardt ging auch auf die Umstände ein, die zur Umbenennung der Richard-Strauss-Straße führten. 2015 hatte der Stadtrat eine Expertenkommission ins Leben gerufen, die Biografien hinter Straßennamen intensiv erforschten, soweit die Persönlichkeiten zur NS-Zeit aktiv waren. Auch Richard Strauss‘ Lebensleistung wurde kritisch gewürdigt. Seine unbestreitbaren musikalischen Leistungen stehen in einem Spannungsverhältnis zu seiner mitunter opportunistischen Haltung gegenüber dem NS-Regime – etwa in seiner Rolle als Präsident der Reichsmusikkammer.
Bei der feierlichen Umbenennung der Straße, zu der auch Ehrenbürger Dr. Josef Schuster, Stadtheimatpfleger Dr. Hans Steidle, Stadtarchivleiter Dr. Axel Metz, zahlreiche Stadtratsmitglieder wie auch Anwohnerinnen und Anwohner aus der Nachbarschaft gekommen waren, ordnete Schuchardt ein: „Die Umbenennung der Richard-Strauss-Straße in Klara-Ullmann-Straße ist vor allem ein Schritt in Richtung einer zukunftsorientierten Erinnerungskultur. Wir wollen die Vielfalt unserer Stadtgesellschaft im öffentlichen Raum abbilden und die Leistungen von Frauen sichtbarer machen.“ Der Ausgangspunkt war in Würzburg ein starkes Ungleichgewicht bei den Geschlechtern in Sachen Erinnerungskultur. Gegen die Unterrepräsentation geht die Kommunalpolitik nun seit einigen Jahren entschieden vor.
Klara Ifri (so der Mädchenname der nun Geehrten) war die Tochter des Kaufmanns Moses und seiner Frau Hannchen, geb. Steindecker. Sie heiratete den verwitweten Kaufmann Moritz Ullmann. Dieser verdiente sein Geld als Schuhwarenhändler, während Klara zu Hause blieb. Sie bekamen sechs Kinder:Hedwig (später: Blumenthal), Ida (später: Diefenbronner), Hirsch, Max, Regina und Jenny
(später: Sussmann). Hirsch starb bereits im Alter von nur einem Jahr. Die Familie wohnte ab 1879 in der Sophienstraße 14. Klara und Moritz Ifri engagierten sich gemeinsam intensiv in der jüdischen Gemeinde und für wohltätige Zwecke. Klara übernahm die Leitung des israelitischen Frauenvereins. Als ihr Mann bereits 1899 starb, lebte die Witwe mit ihrer ledigen Tochter Regina zusammen. Ihre anderen Kinder zogen weg: Ida nach Karlsruhe, Hedwig und Jenny nach Frankfurt und Max wanderte nach New York aus.
Ihren 80. Geburtstag feierte Klara Ullmann 1933 noch „in körperlicher und geistiger Frische“, wie eine Anzeige in der Zeitschrift „Der Israelit“ bezeugt. Anlässlich ihres Todes drei Jahre später wurde in selbiger ein längerer Nachruf zu ihren Ehren veröffentlicht, in dem sie als beliebt und verehrt bezeichnet wird. Sie sei eine freundliche, hilfsbereite und fromme Frau gewesen. Zudem heißt es darin, dass sie aus einer Gelehrtenfamilie stamme, die auf den Talmundgelehrten und Rabbiner Nathanael Weil zurückginge. Zahlreiche Personen sollen an der Trauerveranstaltung teilgenommen und ihr die letzte Ehre erwiesen haben.



(16.12.2024)