Botschafterin Mitsuko Shino zu Gast: Ein Wochenende im Zeichen der deutsch-japanischen Beziehungen
Eröffnet wurde die Tagung im Ratssaal des Würzburger Rathauses. VDJG-Präsident Dr. Volker Stanzel nannte es eine große Ehre, dass zum ersten Mal seit 15 Jahren mit Botschafterin Mitsuko Shino eine Vertreterin des japanischen Kaisers die Festrede zur Tagung beisteuerte. Shino wählte einen humorvollen wie hintergründigen Einstieg in den mehrtägigen Austausch der Gesellschaften. Ihr Vortrag „Warum in Japan manches anders ist“ betonte einmal nicht die Gemeinsamkeiten beider Nationen, sondern komplett entgegengesetzte Denkweisen in verschiedenen Bereichen. So habe beispielsweise die Kulturnation Japan erst spät UNESCO-Welterbestätten anerkannt bekommen. Tempel und Schreine seien aus Holz und man habe gar nicht versucht, sie „im Original“ zu erhalten. Das Besondere liege eben nicht in der „Hardware“, sondern in der „Software“. In den Tempeln finden sich Modelle und Anleitungen, wie künftige Generationen in festgelegten Abständen, die Bauten erneuern können, so fließe auch immer die Gegenwart in diese Kunstwerke mit ein, die Zeremonien rund um den Erhalt des Orts seien wesentlicher Bestandteil des Gesamtkunstwerks.
Diese kulturellen Unterschiede müsse man vom Gegenüber begreifen, um ein wirklich tiefes Verständnis füreinander zu entwickeln. Die Diplomatin spannte den Bogen von der Kunst und Kultur zur Politik. Sie betonte, dass das Bild von einem geeinten Europa – wie es die Staatsmänner Merz, Starmer, Macron und Tusk bei ihrem gemeinsamen Besuch in Kiew gesendet hätten, für Japan etwas Beruhigendes hätte. Auch in der Politik gelte es, das Gegenüber in den Mittelpunkt zu stellen. Die Formel „Me first“ dürfe nie zu einem „Me only“ werden.
Für Oberbürgermeister Christian Schuchardt schloss sich mit der prominent besetzten Tagung gegen Ende seiner Amtszeit ein Kreis und er nahm die Festgäste in einer sehr persönlichen Rede mit auf seine Japan-Reise, die 2014 begann, als er sich beim ersten Besuch in der Partnerstadt „sofort in das Land und die Kultur verliebt habe“. Zur Partnerschaft mit Otsu gesellt sich die intensive Beschäftigung mit dem Gelehrten Siebold und in den vergangenen von kriegerischen Konflikten geprägten Jahren stand auch die Freundschaftsstadt zu Nagasaki und das Konzept der „Mayors For Peace“ stärker im Mittelpunkt. Die massive Zerstörung der Stadt verbinde Würzburg mit Nagasaki, aber auch mit Caen in Frankreich. In der Gegenwart wecke der Blick auf viele ostukrainische Städte in Trümmern oder die Zerstörungen im Gazastreifen, die schaurigen Erfahrungen, die einst in Würzburg - nach den Jahren des NS-Regimes - zu einer völlig neuen Geisteshaltung geführt hätten. Als man ganz bewusst auf die früheren Feinde zuging und auf Frieden und Versöhnung und nicht auf Rache setzte.
Die feierliche Eröffnung der Tagung nutze Udo Beireis, der Vorstandvorsitzende der Siebold-Gesellschaft auch zu einer kurzen Darstellung der Aktivitäten des Vereins, der sich zunehmend auch weiteren Wissenschaftlern verpflichtet sieht, die den Spuren Siebolds folgten, wie etwa die Frauenärztin Dr. Charlotte Heidenreich von Siebold, die neben ihrer Bedeutung für das Fach Medizin auch Pionierarbeit bei der Gleichberechtigung von Frauen im Wissenschaftsbetrieb geleistet hat.
Der Ehrenvorsitzende und Gründer der Siebold-Gesellschaft Wolfgang Klein-Langner begrüßte die Gäste in einer typischen mainfränkischen Tracht und das Ensemble „Quadro + 1“ um Leiter Johannes Engels mit jungen HfM-Musikern aus St. Petersburg, Taipeh, Cadiz und der Mark Brandenburg umrahmte die Jahrestagung und erhielt beispielsweise viel Applaus für die Bläser-Arrangement, die den Weitgereisten auch Appetit auf die aktuelle Mozartfest-Saison machen sollten.

Philipp Franz von Siebold (Gemälde von Wolfgang Lenz, oben links) wacht über der Jahrestagung des Verband Deutsch-Japanischer Gesellschaften: Generalkonsul Kenichi Bessho, Udo Beireis (1. Vorsitzender Siebold-Gesellschaft), Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Botschafterin Mitsuko Shino, Andreas Mettenleiter (2. Vorsitzender Siebold-Gesellschaft) und Dr. Volker Stanzel (Präsident des VDJG, von links). Foto: Katja Schröder
(03.05.2025)