Festakt „Freiheyt 1525 – Freiheit 2025“: Was der Bauernkrieg heute noch lehrt
Dr. Ludwig Spaenle, der Beauftragte der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe, holte das Schlüsseldokuments des Bauernkriegs in seinem Festvortrag in die Gegenwart. Spaenle zog Parallelen zu den Bauernprotesten im vergangenen Jahr. Bauern und Handwerker hätten auch heute ein feines Gefühl dafür, wenn die Balance aus Freiheiten und Pflichten aus dem Gleichgewicht kommen könnte. Es sei bedenklich, wenn eine aktuelle Umfrage ergebe, dass 61% der Bevölkerung der Meinung sind, der Staat greife immer mehr in die Freiheiten der Bürger ein. Um Freiheit müsse heute wie damals gerungen werden.
1525 hätten Bauern und Handwerker in Memmingen „eine der frühesten Menschenrechtserklärungen“ formuliert. Die Unzufriedenheit mit der Ständegesellschaft ging sicher noch weiter zurück, doch im Bauernkriegsjahr setzte eine größere Dynamik ein. Die 12 Artikel, die beim Festakt durch Schauspieler Martin Liema verlesen wurden, verlangten die freie Pfarrerwahl, eine Aufhebung der Leibeigenschaft, eine Reduzierung von Frondiensten und die Minderung oder Abschaffung von Steuern und Abgaben und weitere Rechte wie die Nutzung der Wälder und Gemeindewiesen. Durch Guttenbergs epochale Erfindung des Buchdrucks fand diese Programmschrift in kürzester Zeit eine enorme Verbreitung: „Das Zeugnis einer Medienrevolution!“. In wenigen Monaten wurden die Artikel etwa 25.000 Mal gedruckt und Aufständige in großen Teilen des Reichs beriefen sich auf diesen gemeinsamen Überbau – im Elsass, am Bodensee, in Thüringen und eben auch in Würzburg.
Würzburg stehe in der Geschichte aber leider nicht für eine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesen Forderungen des „gemeinen Mannes“ Der gescheiterte Festungs-Sturm stehe laut Spaenle für die „Eskalation des Konflikts“ Die Obrigkeit setzte nicht auf Verhandlungen (etwa mit Florian Geyer), sondern auf eine Niederschlagung des Aufstands mit vielen Hinrichtungen und Inhaftierungen in der Folge. Die Menschen- und Freiheitsrechte ließen in Europa dann noch lange auf sich warten.
Oberbürgermeister Christian Schuchardt hatte in seiner Begrüßung ebenfalls betont, dass der Bauernkrieg uns heute noch viel lehren kann: „Es geht heute – vielleicht aktueller denn je – um Gerechtigkeit, Freiheit und die Selbstbestimmung von mündigen Bürgern. Es geht um das Verhältnis zwischen der Obrigkeit und dem Volk und die Frage wie viel Partizipation wirklich möglich ist.“
Der Kanzler der Universität Dr. Uwe Klug ergänzte als Gastgeber in der Neubaukirche: „Die Geschichte zeigt uns, dass Fortschritt kein geradliniger Prozess ist – er erfordert Mut, Dialogbereitschaft und die Fähigkeit, unterschiedlichste Perspektiven zuzulassen. Gerade Universitäten sind Orte, an denen diese Auseinandersetzungen auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse geführt wird.“
Entsprechend zählt die Universität und viele weitere Institutionen wie beispielsweise auch die Kirchen zu den Partnern der Stadt Würzburg bei der Ausgestaltung eines großen Gedenkprogramms, welches nun im März und April durchstartet und unterschiedlichste Zielgruppen ansprechen soll. Beispielsweise auch Musikbegeisterte kommen bei einigen Konzerthighlights auf ihre Kosten. Alle Informationen hierzu unter: www.wuerzburg.de/bauernkrieg.
Das Ensemble Sospiratem aus Leipzig nahm die Gäste des Festakts mit alten Instrumenten und Liedern aus dem späten Mittelalter mit auf eine musikalische Zeitreise. Zu den Instrumenten zählte auch eine große Trommel, die mal leise zur Begleitung, mal laut beim Marsch durch das Seitenschiff der Neubaukirche geschlagen wurde, was die Dramatik von 1525 besonders unterstrich.
Von links: Bürgermeister Martin Heilig, der ehemalige Kultusminister Dr. Ludwig Spaenle, Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Bischof Franz Jung, Bürgermeisterin Judith Roth-Jörg, Dekan Dr. Wenrich Slenczka und Kanzler Dr. Uwe Klug. Foto: Georg Wagenbrenner
Foto: Georg Wagenbrenner