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"Schutz ist Pflicht bei ABC-Alarm" - Ein Artikel der Main Post (13.5.2016)

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Ein Artikel von Günther Hillawoth, Main Post


Auf den Autobahnen wird Gefahrengut transportiert. Und täglich ereignen sich Unfälle mit Lkw. Erst kürzlich meldete die Einsatzzentrale der Polizei auf der A 3 eine Havarie zwischen Kist und Heidingsfeld. Das Fahrzeug habe radioaktives Material geladen, lautete die erste Information. Nach entsprechenden Messungen eines Einsatztrupps der Berufsfeuerwehr Würzburg (BF Wü) gab die Polizei aber Entwarnung: „Alles im grünen Bereich“.

Tags darauf, in einer weiteren, umfangreicheren Polizeimeldung zu diesem Unfall war von einem Strahlen-Verdacht nichts mehr zu lesen. Eine Nachfrage beim Leitenden Branddirektor, Harald Rehmann, bringt Licht ins Dunkel: Es habe sich um Hochofen-Schlacke gehandelt, die geringe Spuren an Radioaktivität aufgewiesen habe.

Ungeachtet dessen werde bei einem ABC-Einsatz grundsätzlich von einer sehr hohen Gefahr ausgegangen, erklärt Dienststellenleiter Thorsten Ante. Erst durch weitere Erkundungs- und Messmaßnahmen werde anschließend das tatsächliche Ausmaß festgestellt und die erforderlichen Einsatzmaßnahmen darauf abgestimmt. Dieser Ablauf sei gängige Praxis bei einem ABC-Einsatz.

Aber wie wird die Feuerwehr alarmiert und wie über die Lage informiert? Das erfolge über die Polizei oder den Notruf, sagt Brandoberinspektor Helmut Sattler. Schon bei der Anfahrt erfolgten – je nach Informationslage – erste Analysen.

Erste Schlüsse ziehe man aus der Kennzeichnung am Lkw-Heck. Die kleinen, orangefarbenen Tafeln, die genaue Angaben über die Ladung liefern, sind nach der Gefahrengut-Verordnung Straße, Eisenbahn und Binnen-Schifffahrt (GGVSEB) für jeden Gefahrguttransport vorgeschrieben.

Wenn dadurch klar werde, dass radioaktives Material geladen ist, löse die Berufsfeuerwehr selbst den ABC-Alarm aus, so Sattler. Laut Thorsten Ante würde dann grundsätzlich nach der so genannten GAMS-Regel verfahren. Die vier Buchstaben stehen dabei für: Gefahr erkennen, Absperren, Menschenrettung, Spezialkräfte anfordern. Der Einsatz laufe nach exakten Regeln ab, die jeder Berufsfeuerwehrmann beherrschen muss. Bei der allgemeinen Ausbildung würde auch der ABC-Einsatz-Alarm mit abgedeckt, so Helmut Sattler. Dazu kämen Fort- und Fachausbildungen.

Die Berufsfeuerwehr Würzburg deckt bei ihren Einsätzen das Stadtgebiet sowie den Autobahnbereich zwischen Randersacker und Kist ab. Bei größeren Zwischenfällen bekommen sie Unterstützung von den Landkreis-Feuerwehren. Um für alle möglichen Fälle vorbereitet zu sein, sind so genannte „Sondereinrichtungen“, wie zum Beispiel bestimmte Versuchslaboratorien der Universität, erfasst.

Helmut Sattlers „gefährlichster Einsatz“ war vor einigen Jahren im Heizkraftwerk an der Friedensbrücke. Dort war Salzsäure ausgelaufen und er habe knöcheltief mitten in der ätzenden Flüssigkeit gestanden – selbstverständlich geschützt durch einem entsprechenden Schutzanzug.

Ante betont, dass Schutzanzüge, schwerer Atemschutz und Helme bei Einsätzen im Gefahrenbereich absolute Pflicht sind. Bei den anschließenden Dekontaminations-Maßnahmen im eigens dafür abgetrennten Bereich an der Einsatzstelle werden die Schutzanzüge nach einem vorgeschrieben Procedere abgelegt. Dabei sind im Innenbereich zwei Planen ausgelegt. Auf der schwarzen, sie signalisiert „Schmutz“, entledigen sich die Einsatzkräfte ihrer Schutzanzüge. Dann geht's auf die weiße Plane, die für Sauberkeit steht.

Apropos Schutzanzüge: Sie sind in drei Varianten eingeteilt. Welche Form im Einsatzfall benutzt werden muss, entscheidet der Einsatzleiter.
• Form 1: Aus Zeitgründen – bei unmittelbarer Menschenrettung – wird die Feuerwehrschutzkleidung mit spezieller Schutzhaube verwendet.
• Form 2: flüssigkeitsresistente, aber nicht gasdichte Schutzkleidung.
• Form 3: Vollkörperschutz-Anzug, der flüssigkeits- und gasdicht ist. Diese Version ist auch die teuerste. Ein Exemplar kostet 5000 Euro. Von ihnen hat die Berufsfeuerwehr 23 Stück. Thorsten Ante: „Da reden wir über viel Geld.“ Die Schutzanzüge müssten stets überprüft und wegen der Änderung der Materialeigenschaften nach festgelegten Fristen getauscht werden. Die ausgesonderten Anzüge werden bei Übungen benutzt.

Eine wichtige Phase ist die Nachbereitung solcher Einsätze, sagt Thorsten Ante. Je nach Schadstoff sind umfangreiche Reinigungsarbeiten oder auch Ersatzbeschaffungen nötig. Der Bereich ist vielfältig, wie weitere Vorfälle zeigen. Neben der Salzsäure im Heizkraftwerk musste sich die Würzburger Berufsfeuerwehr im Jahr 2013 auch bei CO2 oder Ammoniak-Austritten an der Eisbahn im Stadtteil Zellerau bewähren.
 

Berufsfeuerwehr Würzburg - Daten und Fakten

ABC: Diese Abkürzung steht für „Atomar, Biologisch und Chemisch“.

Personal: Der Berufsfeuerwehr Würzburg gehören 151 Mitarbeiter an. Für eine Schicht, die jeweils 24 Stunden dauert, stehen 30 Feuerwehrkräfte zur Verfügung, 20 sind ständig anwesend.

Einsätze: 2015 wurde die Berufsfeuerwehr zu 2711 Einsätzen gerufen. Sie teilen sich auf in technische Hilfe (1675), Feuer/Brände (463) und ABC-Alarme (21). Dazu kamen 137 Öl-Spuren auf Straßen und zehn Gewässerverunreinigungen.

Grundstück: Das Areal in der Würzburger Hofstallstraße 3 hat eine Gesamtfläche von 5800 Quadratmetern. Büros, Werkstätten und Fahrzeughallen beanspruchen 4900 Quadratmeter.

Kooperationen: Die Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Würzburg und die Berufsfeuerwehr arbeiten bei der Bewältigung von ABC-Einsätzen zusammen. hig

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