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#gruendermagazin

Gründershows - Fluch oder Segen?

Dass Gründen ein heißes Thema ist, hat das deutsche Fernsehen schon vor einigen Jahren erkannt. Da muss also die Frage erlaubt sein: Helfen solche Formate der Gründerlandschaft in Deutschland oder schaden sie gar? Ein Kommentar – und was Gewürzglück dazu sagt.


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Dass Gründen ein heißes Thema ist, hat das deutsche Fernsehen schon vor einigen Jahren erkannt. Ist ja auch irgendwie logisch – irgendwann sind dem geneigten Rezipienten Einblicke in fremde Küchen oder Junggesellen auf Partnerinnensuche zu öde. Die Dramaturgen der TV-Shows schreien nach „echten Menschen“, nach Herzblut und Achselschweiß auf der Bühne, denn nur das animiert den auf der Couch liegenden Zuschauer zum aufrechten Mitfiebern (mal abgesehen von allem, was Netflix, Prime & Co. bieten…)! Allerdings hängt für eine*n Gründer*in auf Investorensuche deutlich mehr dran als für einen Bachelor auf Brautschau. Da muss also die Frage erlaubt sein: Helfen solche Formate der Gründerlandschaft in Deutschland oder schaden sie gar?



TV-Shows: Person vor Produkt

Betrachten wir exemplarisch das Jahr 2018, in dem vergleichsweise viele Gründershows als potentielle Konkurrenz zur seit 2014 recht erfolgreich auf Vox laufenden „Höhle der Löwen“ aus dem Boden krochen. Stefan Raab startete im Februar „Das Ding des Jahres“ auf ProSieben. Die Samstagabend-Show zeigt Gründer und Erfinder, gleich in der ersten Folge betrat eine wandelnde Klopapier-Rolle die Bühne. Was sich bei der Suche nach Supermodels bewährt hat, wurde übertragen: Das Publikum entscheidet.

Apropos Supermodels: Im März 2018 legte Carsten Maschmeyer auf Sat.1 mit „Start Up!“ nach. Dort teilten sich erfolgreiche Pitcher im Hauptteil der Show ein Haus, mussten Challenges bestehen, flogen raus oder durften bleiben. Da war es nur konsequent, dass das Motto der Show lautete: „Person vor Produkt“. Im April des Jahres wurde die Show abgesetzt, weil die Einschaltquoten in der werberelevanten Zielgruppe (14 bis 49 Jahre) zum Teil unter denen des Sandmännchens lagen, wie die Welt in ihrem Abgesang schrieb.

Auch die Einschaltquoten von Stefan Raabs Show blieben offenbar hinter den Erwartungen zurück. Nach der ersten Staffel mit sechs Folgen folgte erst ein Jahr später Staffel 2, verlegt auf Dienstagabend und ergänzt um eine „echte“ Gründerin in der Jury. Staffel 3 lief Anfang 2020, war aber quotenmäßig chancenlos gegen den „Bachelor“.


Attraktivität versus Erfolg?

Und weil Frauen eben nicht nur in DAX-Unternehmen, sondern auch in der Gründerszene noch eher schwach vertreten sind, trat Jette Joop im August 2018 mit ihrer Show „Jung, weiblich, Boss“ auf RTL2 an. Da braucht frau gar nicht viel Worte zu verlieren, ein Auszug aus einem Video-Interview mit Gründerszene.de soll genügen.

Ihre Aussage, es sei für Frauen schwieriger, Unternehmerin zu werden, begründete Jette Joop damit: „Die Themen sind viel komplexer. Da gibt es Fragen wie: Bin ich noch attraktiv, wenn ich jetzt erfolgreich bin?“ Gründerszene.de folgerte: „Die Angst, Erfolg könne sie unsexy machen, raubt Gründerinnen also den Schlaf, nicht Fragen nach dem Geschäftsmodell, dem Marktpotenzial, der Finanzierung? Erster Punkt beim Klischee-Bingo, Jette.“ Nach zwei Folgen war Schluss.

Mit der Überschrift „Nicht noch eine Gründershow“ berichtete Quotenmeter.de im September 2018 über ein viertes TV-Format in diesem Reigen. „Hol dir die Kohle“ lief eine Staffel lang ab Oktober 2018 im Nachmittagsprogramm von RTL. Zehn Kandidaten traten mit ihrer Gründung oder ihrer Erfindung gegeneinander an. Beim Elevator-Pitch entschied keine Jury, sondern das 100-köpfige Saalpublikum. Der Sieger musste zwar keine Unternehmensanteile abgeben wie bei der „Höhle der Löwen“, kassierte dafür aber auch „nur“ 5.000 Euro Preisgeld. Auch hier blieben die Quoten unterm Soll.


Innovative Formate braucht das Land

Zeit für ein Zwischenfazit: Für die unbestritten innovativen Protagonisten auf der Bühne gibt es kaum entsprechende Formate. Viel mehr wird das gute alte Show-Prinzip – knallharte, aber prominente Jury, viel Tamtam, wenig Inhalt – zur Zuschauerbelustigung eins zu eins übertragen. Das nervt nicht nur die Gründerinnen und Gründer in Deutschland, weil es ein völlig falsches Bild ihrer Mühen, Erfolge, Stolpersteine zeichnet, sondern spiegelt sich auch in unterdurchschnittlichen Quoten wider. Nicht zuletzt weil die Generation, deren Interesse und Gründergeist mit solchen Shows angestachelt werden soll, kaum noch lineares Fernsehen schaut. Für einen ausgewogenen Bericht ist es allerdings essentiell, auch mal die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Vom Sofa aus klugscheißen kann schließlich jeder. Fragen wir also eine, die es wissen muss, ob und was der Auftritt in einer Gründershow tatsächlich gebracht hat.

 

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Gewürzglück: „eine Riesen-Chance“

Sabrin Neubauer ist Gründerin und CEO von Gewürzglück (www.gewuerz-glueck.de). Zusammen mit ihrem Mann Tobias entwickelt sie am Firmensitz in Wiesenbronn Gewürzmischungen, die nicht nur glücklich machen, sondern mit viel Liebe, möglichst regional und ohne Geschmacksverstärker hergestellt werden. Die sympathische Wirtschaftsjuristin nimmt sich trotz vollen Terminkalenders gern etwas Zeit, um ihre Erfahrungen in der Show „Hol dir die Kohle“ mit anderen Gründern zu teilen.


Ihr wart gleich in der 2. Folge dran, wie kam's dazu?

Sabrin Neubauer: RTL kam auf uns zu und hat uns gebeten, ein Bewerbungsvideo einzureichen. Das war alles sehr kurzfristig. Im Nachhinein haben wir erfahren, dass es gar nicht so unüblich ist, dass Showmaker potenzielle Kandidaten im Vorfeld auswählen.


Habt ihr euer Bewerbungsvideo selbst gedreht oder sollte man sich da professionelle Hilfe holen?

Sabrin: Wir hatten das Glück, dass ein Freund von uns Videos dreht. Aber ich würde schon sagen, dass man es durchaus selbst machen kann, auch mit dem Handy. Denn bei diesem Bewerbungsvideo wird vor allem die Person angeschaut – zum Beispiel, ob sie frei sprechen kann.

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Hand aufs Herz: Wie oft habt ihr für den Pitch geübt?

Sabrin: Wir hatten wirklich wenig Zeit. Zum Glück waren wir im Urlaub, als wir erfahren haben, dass wir in die Show kommen. Also haben wir am Strand die ganze Zeit geübt. Das war viel wert, denn es gibt Sicherheit – man hat in der Show ja nur diese eine Chance.


Und dann war der große Tag plötzlich da, wie lief das ab?

Sabrin: In der Gründerlounge haben wir die anderen Teilnehmer getroffen. Danach ging´s in die Requisite zur Vorbereitung des Pitch-Raums. Ich weiß noch, wie wir dort unter massivem Zeitdruck standen. Wir hatten so viel Essen dabei und wollten, dass alles schön ausschaut. Sich da nicht im Detail zu verkünsteln, sondern abzuliefern, ist große Kunst! Anschließend waren wir in
der Maske. Das Gute war, dass wir so durchgeschleust wurden, dass für Aufregung gar keine Zeit war.


Ihr habt ganz offenbar alles großartig gemeistert! Drei Viertel der Zuschauer stimmten für euch.
Habt ihr euch auf deren Fragen vorbereitet?

Sabrin: Ich muss zugeben, das haben wir nicht gemacht. Aber da wir alles von der Pike auf selbst erschaffen haben, waren wir – was unser Produkt angeht – sehr sicher. Was uns wirklich sehr gefreut hat, war die Begeisterung der Zuschauer. Sie standen später an unserem Auto und wollten unsere Gewürze kaufen!

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Würdet ihr es wieder tun bzw. was ist euer Tipp in Sachen Gründershows?

Sabrin: Wir würden es auf jeden Fall wieder machen – jedes Format, das zu uns passt und der Firma nicht schadet. Das Kundenfeedback war sehr motivierend, Kooperationspartner und weitere Medien, wie der Feinschmecker oder der Stern, sind auf uns aufmerksam geworden. Das hat medial einen Push gebracht! Ich würde es immer noch jedem empfehlen, da mitzumachen, weil man wirklich nichts zu verlieren hat. Das ist einfachʼeine Riesen-Chance!


Habt ihr bei der Ausstrahlung den Fernseher oder den Bestelleingang verfolgt?

Sabrin: (lacht) Die Bestellungen gingen tatsächlich im Minutentakt ein. Aber wir haben die Sendung im Team geschaut, mit Häppchen und Sekt!


Fazit: Warum eigentlich nicht?
Für Gründer*innen – und darum geht´s in diesem Magazin schließlich – sind reine Preisgeld-Shows genauso ein Segen wie jede andere sorgsam geprüfte Medienpräsenz, weil hier mit relativ wenig Aufwand und ohne Abgabe von Firmenanteilen eine enorme Reichweite erzielt wird. Die bringt nicht nur neue Kunden, sondern eben auch B2B- oder Medienkontakte.
Generell gilt: Wer die richtige Show für sich findet und das Kleingedruckte abnicken kann, sollte die Chance nutzen.


Text: Marion Linneberg (egopol)/ Bilder: Gewürzglück


Weitere Infos: www.gewuerz-glueck.deexterner Link


Den kompletten Artikel gibt es hier im pdf:

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