Die Gedenktafel im Kolumbarium in der Gedenkstätte Theresienstadt. Foto: Dr. Riccardo Altieri

Würzburg gedenkt der ermordeten jüdischen Mitbürger­innen und Mitbürger

Einweihung der Gedenktafel im Kolumbarium in Theresienstadt am 23. September

Mindestens 750 jüdische Kinder und Erwachsene aus Unterfranken wurden 1942 von Würzburg aus über Hof und Dresden nach Theresienstadt (Terezín) in Tschechien deportiert. Viele alte Menschen kamen hier nach kurzer Zeit um, andere wurden in den Vernichtungs- und Konzentrationslagern ermordet. Nur knapp 60 Menschen überlebten den NS-Terror. Der verschleppten und ermordeten Menschen wird nun in besonderer Form gedacht, denn am 23. September erfolgte die Einweihung einer Gedenktafel in Theresienstadt. Der 23. September wurde bewusst gewählt, da die Deportation an diesem Tag vor 80 Jahren startete. Träger des Projektes sind die Stadt Würzburg, der Bezirk Unterfranken sowie der Arbeitskreis Stolpersteine. Der Anstoß für das Projekt und die damit verbundene Realisierung der nun angebrachten Gedenktafel geht auf die Initiative von Elke Wagner - später auch Ingrid Sontag - zurück. Für die pensionierte Geografie- und Englischlehrerin Elke Wagner ist Geschichte seit jeher ein Hobby. 2014 ging Wagner in Rente und ist seitdem aktiv im AK Stolpersteine und recherchiert für das Erstellen von Biografien. Wagner war bereits mehrmals in Theresienstadt. 2018 besuchte sie das Kolumbarium, in dem zu dieser Zeit bereits einige Gedenktafeln angebracht waren. Dabei kam ihr die Idee einer Würzburger Gedenktafel. Zusammen mit der AK-Kollegin Ingrid Sontag gestaltete Wagner erste Entwürfe. „Der Text musste prägnant, sachlich und faktisch korrekt sein“, beschreibt Wagner die Herausforderung. Gleichzeitig sollte er aber „nicht nur kalte Fakten, sondern auch eine gewisse Empathie enthalten, denn nur wenige Menschen überlebten.“ Wagner übersetzte den Text ins Englische und glich ihn mit Theresienstadt ab, die ihn genehmigten. Eine 10-köpfige Delegation von Vertreter*innen der Stadt Würzburg und des Bezirks Unterfranken waren nach Theresienstadt angereist, wie Kulturreferent Achim Könneke und Dr. Riccardo Altieri, neuer Leiter des Johanna-Stahl-Zentrums. Altieri konzentrierte sich in seiner Rede zur Einweihung der Gedenktafel auf drei Biografien, die das KZ Theresienstadt überlebten. Unter anderem Bernhard Behrens, Verwalter des jüdischen Friedhofs in der Werner-von-Siemens-Straße. „Behrens und sein Sohn Henry haben hier gelebt und gearbeitet. Während Vater und Sohn überlebten, wurden Mutter Emma in Theresienstadt und Henrys Frau Liselotte Behrens in Stutthof ermordet“, sagt Altieri. Behrens erstellte eine wichtige Quelle, denn er dokumentierte sämtliche jüdische Personen, die in Würzburg bestattet wurden. Diese Tätigkeit führte er in Theresienstadt fort und notierte Personen, die im KZ starben. Nachdem er den KZ-Terror überlebte, emigrierte er mit seinem Sohn in die USA. „Die Anbringung einer Gedenktafel, das gemeinsame und zukünftige Erinnern an die 1942 deportierten jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger und das Einstehen für ein „Nie wieder“ sind unerlässliche Notwendigkeiten, denen wir mit der Einweihung der Gedenktafel nun ein Stück weit gerechter werden“, so Kulturreferent Achim Könneke. Altieri würdigt das bürgerschaftliche Engagement und den Einsatz des AK Stolpersteine, insbesondere von Elke Wagner, und ist froh, dass Stadt und Bezirk gemeinsam und zu gleichen Teilen das Projekt getragen und die Gedenktafel realisiert haben. Altieri ist begeistert von Wagners Engagement. „Es ist ein neues Projekt, das von Elke Wagner entwickelt und auch zu Ende gebracht wurde“, würdigt er ihren Einsatz. Da die Gedenktafel eine kostspielige Sache sei, ist Altieri froh, dass Stadt und Bezirk das Projekt zu gleichen Teilen fördern. „Es ist schön, dass Würzburg nun eine Gedenktafel in Theresien­stadt hat.“

Julia Graber