Die neue Spielstätte ist ein „Glücksfall“
Thomas Kopp und der Verein „kollektiv anderer tanz“ blicken zurück
Foto: Rainer Gräf
Die (Kultur-)Szene staunt, der Laie wundert sich. Über einen Umzug mitten in der Corona-Pandemie. Über eine neu eröffnete Spielstätte mitten in der Innenstadt: die Theaterhalle am Dom. Seit Anfang des Jahres ist sie Heimat des Vereins „kollektiv anderer tanz“ (vormals „thomas kopp kompanie“), bekannt durch den von Thomas Kopp 2004 gegründeten „tanzSpeicher“. Die Türen zu diesem ausschließlich auf zeitgenössischen Tanz spezialisierten Theater haben sich geschlossen. Der „Exot“, von dessen Art bundesweit nur wenige Häuser und kaum in Städten vergleichbarer Größe existieren, ist Geschichte. Nein, weit besser: eine Fortsetzungs-, ja Erfolgsgeschichte, wie sich seit dem Ortswechsel in die Theaterhalle am Dom zeigt. Der sei zu einem echten „Glücksfall“ geworden, berichtet der Theaterleiter und Choreograf Kopp begeistert. Gegenüber der alten Spielstätte bietet die jetzige im Untergeschoss des Museums am Dom jede Menge Vorzüge: bessere Raumverhältnisse, Akustik, Lichttechnik. Die Höhe von sieben Metern und das Platzangebot – bis zu 150 Zuschauer haben uneingeschränkte Sicht auf die Bühne – führen zu ganz anderen Veranstaltungsmöglichkeiten. Womit Thomas Kopp zu einem weiteren Pluspunkt der neuen Produktions- und Spielstätte für zeitgenössische Tanz- und Performancekunst kommt. Die Halle ist flexibel nutz- und gestaltbar. Beispielsweise können im jetzt komplett schwarz ausgestalteten Raum die ursprünglichen Betonwände unkompliziert wieder sichtbar gemacht werden. Endlich stimmen die Voraussetzungen, um die seit Jahrzehnten angestrebte breite Vernetzung mit Kunstschaffenden anderer Sparten zu realisieren. Oder zu intensivieren.

Vor knapp einem Jahr hat der Verein „kollektiv anderer tanz“ die neue Spielstätte Theaterhalle bezogen. Der Umzug war „ein Glücksfall“, freut sich Theaterleiter Thomas Kopp. Foto: Rainer Gräf
Die Zusammenarbeit mit dem Museum am Dom „hat bereits bei früheren Projekten gut funktioniert, als wir noch nicht unter einem Dach waren. Jetzt ist sie in beiden Einrichtungen zu einem festen Bestandteil geworden.“ So beteiligte sich die Theaterhalle am Internationalen Museumstag, an dem auch erstmals das Kunstcafé im Zwischengeschoss des Museums öffnete. Im Café finden die Einführungen zu den jeweiligen Aufführungen des Vereins statt. Wie bisher dient dieser feste Bestandteil eines Theaterabends der Information über das Stück sowie beteiligte Künstler*innen und somit dem Dechiffrieren und Verstehen des Bühnengeschehens. Im Anschluss an die Vorstellung ist das Publikum nochmals ins Café eingeladen zu Gespräch und Diskussion über das Gesehene. Während dieses neue Angebot sich noch einspielen soll, ist das bei einem anderen bereits gelungen: der Taschenlampenführung „Nachts im Museum“ für junge Entdecker. Das für Theaterpädagogik und Jugendarbeit zuständige Team des Vereins beteiligt sich an dieser Veranstaltung mit optionaler Übernachtung in der Theaterhalle.
Das Programm der Theaterhalle weist neben Repertoirestücken des Vereins „kollektiv anderer tanz“, seinen jährlich zwei eigenen Produktionen und Gastspielen heuer weitere Veranstaltungen regionaler Künstler*innen im Rahmen der Plattform „Kunst Mainfranken“ auf. Der lange geplante Ortswechsel, vorgenommen innerhalb von 14 Tagen, „war ein enormer Kraftakt“, aber im Prinzip „hätten wir weit früher hier mitten in die Innenstadt ziehen sollen“, so Kopp. Für ihn könnte der Standort kaum besser gewählt sein. Kultur und Kunst, ob in der Theaterhalle oder davor auf dem für Vorstellungen nutzbaren Kiliansplatz – hier werden sie sichtbar(er). „Wir werden ganz anders wahrgenommen. Jetzt kommen Leute, die vorher den Weg in unser Theater ‚tanzSpeicher‘ nicht gefunden haben.“
Sabine Dähn-Siegel