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Impulsvortrag "Schule wohin gehst du?"

 

Anlässlich des Informationsforums kommunale Schulentwicklungsplanung der Stadt Würzburg am 19. Juni in der Franz-Oberthür-Schule

Muchtar Al Ghusain

 

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Foto: Alex Krenzer

 

 

Sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Schäfer-Blake,

meine sehr verehrten Damen und Herren,

 

ich darf Sie alle recht herzlich hier in der Franz-Oberthür-Schule begrüßen.

Lieber Herr Tutschku als Hausherr, vielen Dank dass wir wieder hier bei Ihnen zu Gast sein dürfen. Ich darf neben den anwesenden Stadtratskolleginnen und Kollegen auch die Vertreter der Schulen und der Schulaufsicht begrüßen. Ich freue mich, dass die Ministeriealbeauftragten auch mit dabei sind, die Gymnasien mit Frau Zeyer-Müller und Herrn Karch für die Realschulen. Auch darf ich Herrn Mensch als Vertreter der Regierung von Unterfranken begrüßen. Schön, dass Sie diesen Freitagnachmittag mit uns verbringen wollen. Wir sind hochkarätig besetzt heute Nachmittag.

Schulentwicklungsplanung – ein großes Wort!

Was meinen wir, wenn wir von Schulentwicklung sprechen? Ich kann verstehen, wenn die Vertreter der staatlichen Schulseite zunächst mal ein bisschen kritisch auf die Kommune schauen, wenn wir uns anmaßen zu diesem Thema - nicht zum ersten Mal sondern jetzt auch schon wiederholt - einzuladen um mit Ihnen zu diskutieren.

Wie Frau Schäfer-Blake schon sagte: es ist selbstverständlich nicht unsere Aufgabe hier die staatliche Bildungspolitik fortzusetzen oder gar sie zu kritisieren. Aber es ist natürlich klar, dass es sich hier um ein wechselseitiges Spiel handelt. Dass die staatliche Bildungspolitik ganz unmittelbar rückschlägt auf unsere Hausaufgaben und dass sicherlich auch umgekehrt unsere Anregung den staatlichen Auftrag beeinflussen. Die Rahmenbedingungen, die wir Ihnen geben, sei es durch die Infrastruktur der Gebäude oder auch alle anderen Faktoren, die eine Rolle spielen, bis hin zur Verkehrsanbindung, sind Voraussetzungen für gelingende Schule. Insofern haben wir diesen „Ball“ jetzt wirklich auch aufgenommen, um mit Ihnen ins Gespräch zu kommen und um Schulentwicklung als partizipativen Prozess mit Leben zu füllen.

Es ist mir und uns allen bewusst, dass das Thema Schulentwicklung ein sehr großes ist und dass wir hier in diesem Prozess wie wir ihn uns vorstellen, vielleicht Spotlights setzen können. Dass das Thema viel größer ist, als das was wir hier vielleicht leisten können. Es ist mir auch klar, dass wir Unterschiedliches unter Schulentwicklung verstehen. Es gibt immer wieder Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat, die den Fokus vielleicht noch stärker auf die Gebäude setzen, „das müsste doch eigentlich heißen Schulraum – Entwicklungsplan; Schulgebäude – Entwicklungsplan“. In diesem Zusammenhang wird von uns regelmäßig geantwortet, dass es nicht die alleinige Aufgabe von kommunaler Schulentwicklung sein kann zu sagen, welche Schulen wir noch wie lange und in welchem Umfang benötigen. Es gibt auch andere Aufgaben und Arbeitsaufträge, die wir abarbeiten müssen. Nehmen wir nur mal das Stichwort der Ganztagplatzgarantie an  Grundschulen, oder aber auch andere Vorgaben, die uns erreichen. Sei es nur die Mittelstufe Plus am Gymnasium oder andere Rahmenbedingungen, die uns natürlich unmittelbar betreffen und auf die wir reagieren müssen. Schule wird vom Lernraum zum Lebensraum. Das sind Begriffe mit denen Sie täglich agieren, die Ihnen bekannt vorkommen, und wir müssen versuchen, sie mit Leben auszufüllen. Wir müssen auf das reagieren, was uns beeinflusst, was von außen kommt. Das ist zum einen natürlich die demographische Entwicklung, auch dieses Schlagwort ist uns allen vertraut, wir wissen dass wir in Deutschland insgesamt mit unserer Population tendenziell weniger werden, und das ist in einer Region stärker und in einer anderen schwächer ausgeprägt. Was unsere Bevölkerungszahlen angeht wissen wir, dass wir in Würzburg auf absehbare Zeit relativ konstante Zahlen haben. Hier spielt dann Bildungspolitik eine größere Rolle als die demographische Entwicklung. Zumindest gilt das für die weiterführenden Schulen. Bei allen anderen Schulen sind es dann eher die finanzpolitische Rahmenbedingungen, die uns beschäftigen.

Wir haben gesellschaftliche Anforderungen an Schulen, die geprägt werden durch Begriffe wie Integration und Inklusion - Herausforderungen denen Sie begegnen müssen. Wir müssen den Begriff der Inklusion mit Leben füllen, das ist nicht nur Barrierefreiheit, das sind natürlich auch Arbeitsbedingungen, die jeglicher Form von Benachteiligung gerecht werden können. Wir müssen sicherstellen, dass Migrantinnen und Migranten eine angemessene schulische Ausbildung erhalten. So werden hier an der Franz-Oberthür-Schule unbegleitete jugendliche Flüchtlinge beschult.

Wir haben im Ganztag die Situation, dass wir die Räumlichkeiten dafür herstellen müssen. Das fängt bei dem Mittagessen an und hört bei der Nachmittagsbetreuung und beim Pausenhof immer noch nicht auf. All diese Themen gehören dazu und damit wollen wir uns auch beschäftigen. Durch die von uns entwickelten und durchgeführten Umfragen waren die letzten Monate arbeitsreich und spannend. Eine weitere sehr interessante Entwicklung, die sich auch mit den Ergebnissen unserer Bedarfsabfrage deckt, ist, dass der Ganztagsgipfel im März mit den Staatsregierungen und den kommunalen Spitzenverbänden eine Vereinbarung geschlossen hat, dass vor allem in Grundschulen in den nächsten Jahren die Ganztagsplatzgarantie umgesetzt werden soll. Das heißt eine Einführung des Ganztages bis 16 Uhr kostenlos und ergänzend dann auch bis 18 Uhr bzw. in den Ferien, hier dann allerdings kostenpflichtig. Das wird uns erstmal die nächsten Jahre groß herausfordern, aber ich denke es ist ein Schritt, auf den auch viele Eltern und Familien sehnsüchtig gewartet haben, insofern passt das ganz gut.

Genau diese Phase von Schule ist auch die, welche zahlreiche Institutionen, Universitäten, Kirchen, Kindergärten, Horte, Jugendeinrichtungen, für Sportvereine und Co. Als Bildungspartner beschäftigen.

Schule ist ein Mikrokosmos, Sie erleben das jeden Tag.

Die Würzburger Situation ist im Schulbereich dadurch gekennzeichnet, dass ich oft höre, dass man in den früheren Jahren, 60er, 70er Jahren stolz war, die Kennung „Würzburg als Schulstadt“ tragen zu dürfen. Das hat sich dann in den 80er, 90er Jahren wegen zunehmender finanzieller Restriktionen etwas gedreht. Man hat versucht, sich von der Trägerschaft kommunaler Schulen nach und nach zu verabschieden und die finanziellen Belastungen nach Möglichkeit auf den Staat zu übertragen. Dadurch ist dieses Bild als Schulstadt in der Öffentlichkeit vielleicht ein wenig verblasst. Gleichwohl wissen wir alle: die Menschen sind immer noch da, die Schulen sind immer noch da und das Schulangebot besteht in der gleichen Qualität und vielleicht auch besser wie zuvor. Natürlich gab es gleichzeitig auch Schulschließungen und Neugründungen.

Vorhin fiel der Begriff der Sachaufwandsträgerschaft. Ich persönlich habe immer Schwierigkeit mit diesem Begriff, er klingt für mich ein bisschen anachronistisch. Gleichwohl ist er formal korrekt. Es ist unsere erste Hausaufgabe, die Schule als Lebensraum zu begreifen. Deswegen verstehen auch wir als Kommune uns als Bildungspartner. Wir arbeiten an der Schule, um diese besser zu gestalten. Natürlich wissen wir, dass auch vieles von dem was wir uns vorstellen, was Sie sich wünschen, von finanziellen Restriktionen geprägt ist. Nicht alles ist so schnell oder in der Form umsetzbar, wie wir das gerne hätten. Und da muss man auch immer sehr bedachtsam vorgehen. “Ist das Glas halb voll oder ist es halb leer?“, ich denke wir neigen manchmal dazu, das leere Glas oder das halbleere Glas zu betonen, wenn man auch das halbvolle Glas nicht vergessen darf.

Ich darf dran erinnern, dass die Bertelsmann Stiftung 2011 einen deutschen Lernatlas veröffentlicht hat; damals sind Stadt und auch der Landkreis bundesweit sehr weit vorne gelistet worden: Platz 1 bzw. 3 in der Bildungsregion. Gerade die berufliche Bildung ist sehr stark in unserer Region, aber auch die anderen Schulen schneiden gut ab. Es tut gut, sich das ins Bewusstsein zu rufen, wenn man sich beklagt.

Wir haben viele Aufgaben vor uns, da taucht auch der Begriff des Sanierungsstaus, eine Vokabel die immer wieder gerne geführt wird genauso auf. Ja, es ist richtig, unsere zahlreichen Gebäude sind teilweise erheblich sanierungsbedürftig. Wir haben Gebäude, die sind 50 Jahre alt, wir haben Gebäude, die sind 100 Jahre alt. Sie trotzen unseren Bemühungen um eine veränderte Pädagogik. Da wir nicht jedes Schulgebäude neu bauen können, müssen wir diese Räume so nutzen und umformen, dass auch eine zeitgemäße Pädagogik möglich wird. Wir haben in den letzten Jahren, das denke ich kann ich sagen, im Schulsanierungsetat der Stadt nach und nach deutlich zugelegt. Es ist auch grade hier auf dem Gelände eine staatliche Fachoberschule, Berufsoberschule immerhin ist auch mal wieder ein Neubau gelungen. Wir sind auch nicht weit davon entfernt, an der David Schuster Realschule Schule einen respektablen Neu- bzw. Anbau zu errichten und das Programm geht weiter.

Am Wirsberg-Gymnasium sind wir in der Vorbereitung, an der Mönchbergschule wie auch am Siebold- und am Riemenschneider Gymnasium gibt es erste Planungsschritte.

Alles Themen, die uns beschäftigen und die zeigen, dass die Schulentwicklung dieser Stadt ein sehr lebendiger Prozess ist. Wir haben uns, wie Frau Bürgermeisterin Schäfer-Blake schon gesagt hat, vor geraumer Zeit auf den Weg gemacht. Manche fragen auch „Wann ist dieser Prozess denn bitte abgeschlossen, wann sind Sie fertig?“, aber Sie wissen auch, wenn es partizipativ sein soll, dann braucht es auch länger, als wenn wir bestimmte Dinge top-down beschließen. Uns ist es wichtig, Sie auf diesen Prozess mitzunehmen, ihre Expertise, ihre Kritik und ihre Anregungen aufzugreifen.

An dieser Stelle darf ich auch für meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gemeinsam diesen Prozess mit mir vorbereiten und gestalten sprechen; Herr Benkert als Fachbereichsleiter, Frau Bernard als Projektleiterin und andere mehr.

Wir haben heute einen echten Meilenstein, weil heute Herr Rindsfüßer vom SAGS Institut aus Augsburg bei uns ist, um uns die Ergebnisse aus dieser Umfrage, die wir die letzten Monate durchgeführt haben, zu präsentieren. Eine Umfrage der Eltern der 1., 3. und 5. Klasse, mit denen wir Ihre Bedarfe und Wünsche insbesondere mit Blick auf Ganztagsschule abfragen möchten. Wir haben aber auch Schulleiterinnen und Schulleiter nach einem Steckbrief für ihre Schule abgefragt, weil wir in dem Schulbericht auch ein Bild unserer Schullandschaft abgeben wollen. Gerne wollen auch hierzu wissen was Ihre Rückmeldungen dazu sind. Wir werden den Prozess durch eine Lenkungsgruppe weiter begleiten, in dem auch einige von Ihnen vertreten sind. Wir werden das nach der Sommerpause auch im neu gegründeten Bildungsbeirat der Stadt sicherlich nochmal diskutieren und werden dann im Herbst in die Zielgerade gehen. Wir hoffen dass wir Anfang nächsten Jahres dann Ergebnisse präsentieren können.

Ich möchte mich nochmal sehr herzlich bei Herrn Rindsfüßer für die geleistete Arbeit der letzten Monate bedanken, ich denke das ist heute ein wichtiger Zwischenschritt. Für den heutigen Nachmittag wünsche ich uns, dass wir ins Gespräch kommen. Fordern Sie uns auch heraus, schauen Sie sich die Ergebnisse an, ich glaube es wird auch im Nachgang zur heutigen Veranstaltung noch Gelegenheiten geben diese Informationen zu vertiefen und dann sicherlich auch gerne im direkten Kontakt, dort wo es notwendig und sinnvoll ist, zu diskutieren. Ich wünsche uns jetzt zunächst einen sehr anregenden Nachmittag und gute Gespräche.

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