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Geschichte des Umlaufkanals

Kaum jemand ahnt, dass sich am anderen Ende dieses kleinen Sees eine wasserbautechnische Meisterleistung verbirgt: Europas ältester Kanaltunnel, in dem heute Fledermäuse ihr Winterquartier finden. Er gehörte zum barocken Umlaufkanal, der über 200 Jahre die Mainschifffahrt prägte und zu Würzburgs Blüte beitrug.

Vorgeschichte und Bau
Am Beginn dieses Kanals steht der Dreißigjährige Krieg. Weil feindliche Truppen im Schutz der Mainbrücke mit Booten auf die andere Seite gelangen konnten, ordnete der Fürstbischof bei der Neubefestigung Würzburgs den Bau eines schräg durch den Fluss verlaufenden Streichwehrs an. Da es die Schifffahrt unter der mittelalterlichen Mainbrücke stark einschränkte, richtete man im dritten Brückenbogen ein Nadelwehr ein: Wurde es geöffnet, konnten Lastkähne, Fischerboote und Flöße passieren. Dies war immer noch mühselig und zeitraubend, weshalb ein Seitenkanal parallel zum Main dieses Hindernis umgehen sollte. Während man den Tunnel bereits 1656 mit der Errichtung der Stadtbefestigung mauerte, ließ Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn den eigentlichen Umlaufkanal ab 1675 unter dem Festungshang ausheben. 1680 konnte der 500 m lange Wasserweg eröffnet werden: Damit ging der Würzburger Kanaltunnel früher in Betrieb als jener von Malpas am südfranzösischen Canal du Midi, der bislang als ältester Europas galt.


Trassenverlauf und Überreste
Damals bildete der Umlaufkanal die umfangreichste Wasserbaumaßnahme am Main: In bester merkantilistischer Manier sollten verbesserte Verkehrswege den Handel stärken. Er wurde vor Bastion Nr. 27 aus dem Main abgezweigt und unter der Brücke, neben der du stehst, hindurchgeführt. Über den kleinen See ging es mittels Tunnel durch die Festungsanlage. Die mit Floßstangen bewegten Mainschiffe (ca. 37 x 5,6 m) fuhren dann hinter dem Männer- und Frauenzuchthaus – heute Jugendherberge und Jugendkulturhaus Cairo – und der Burkarder Kirche weiter, bis sie eine Schleuse (47 x 6,50 m, Hubhöhe 1,2 m) mit zweiflügeligen Holztoren passierten. Beim jetzigen Verwaltungsgericht unterquerten sie die Brücke in der Burkarderstraße, bis sie beim Tivoli-Pavillon wieder in den Main gelangten.
Heute kannst du vom Umlaufkanal noch einige Überreste entdecken: die von der anderen Mainseite sichtbare Kanaleinfahrt, den 1967 angelegten „Burkarder See“ vor dem versperrten Tunneleingang sowie Reste von Trasse und Schleuse zwischen Kirche und Gerichtsgebäude, in dessen Sockel Steine der alten Kanalbrücke verbaut sind.


Schifffahrt & mehr
„Durch diesen Canal müssen alle Schiffe, nachdem ihr etwaiger Mast und Takelwerk niedergezogen worden, zu Thal und zu Berg passiren, und er ist so breit, daß auch kleinere Flösse bequem durchgeführt werden können. Bey großem Wasser [Hochwasser], besonders bey dem Eisgange dient er [als Schutzhafen] zur Aufbewahrung einiger Schiffe“, beschrieb Carl Gottfried Scharold 1805 die zentralen Aufgaben des Umlaufkanals. Von einem Schiffsanlegeplatz aus konnten Waren über einen Lastenaufzug zur Festung Marienberg transportiert werden. Außerdem zweigte man vor der Schleuse einen Teil des Wassers ab, um die Kanalmühle (1676–1927) in der Burkarderstraße 36 zu betreiben. Dort war auch ein Pumpwerk zur Wasserversorgung von Festung und umgebenden Gebäuden installiert. Die 2 Hausnummern weiter untergebrachte fürstbischöfliche Schönfärberei von 1798 entnahm ihr Betriebswasser ebenfalls dem Kanal.


Niedergang
Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurden die Mainschiffe größer und der seichte, verwilderte Main ausgebaut. Mit der Eröffnung einer neuen Schleuse im Main hat der Kanal 1893 seine Hauptfunktion verloren und wurde nur noch wenig befahren, bis er befestigung mauerte, ließ Fürstbischof Johann Philipp von Schönborn den eigentlichen Umlaufkanal ab 1675 unter dem Festungshang ausheben. 1680 konnte der 500 m lange Wasserweg eröffnet werden: Damit ging der Würzburger Kanaltunnel früher in Betrieb als jener von Malpas am südfranzösischen Canal du Midi, der bislang als ältester Europas galt. 1950 hinter der Jugendherberge mit Weltkriegsschutt verfüllt wurde. Doch auch die Kleinschleuse genügte bald nicht mehr den Anforderungen und wurde im Zuge der Mainkanalisierung 1954 durch die bis heute betriebene Großschleuse ersetzt.

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