Die Kulturmedaillen 2023 teilen sich über 60 Persönlichkeiten: Ein Chor, eine Jugendkunstschule, ein Theatermacher
Die Kulturmedaillen 2023 teilen sich drei Würzburger Institutionen, die alle etwas vom Netzwerken und Kunst in der Gemeinschaft verstehen. Am deutlichsten wurde dies natürlich beim Würzburger Kneipenchor, der auch die musikalische Umrahmung des Abends übernahm. Mit einem David-Bowie-Medley, „Heart-Shaped Box“ (Nirvana) und „With A Little Help From My Friends (im Stile von Joe Cocker) zeigten die Laiensängerinnen und Laiensänger mit mehrstimmigen Arrangements ihr Können und feierten sich selbst und den in den letzten gut sechs Jahren zurückgelegten Weg mit allen Höhen und Tiefen.
Benjamin Haupt, der Popularmusikbeauftragte des Bezirks Unterfranken, hielt die Laudatio für den Chor, der Menschen aus den verschiedensten Altersklassen und sozialen Milieus zusammenbringt, und betonte die „gelebte Authentizität“ dieses Projekts. Nur so sei zu erklären, dass es bei Auftritten immer schnell zu großen Menschentrauben käme, ob nun beim U&D, beim Stramu oder in der Posthalle bei einem reinen Chor-Abend mit rund 600 Besuchern. Der von Antje Hübenbecker gegründete und aktuell von Jonas Weger geleitete Stimmkörper unterscheidet sich nicht nur durch das Repertoire deutlich von den Chor-Stereotypen, die man so mit sich herumträgt. Weder probt man in kalten Gotteshäusern noch trägt man farblich abgestimmte Krawatten oder Schals. Für die Stimmbänder gibt es auch keinen Ingwer-Tee aus der Thermoskanne, sondern ein gut gekühltes Bier. Nachwuchssorgen haben die Rock-n-Roller nicht. Werden einmal Plätze frei, gibt es ein großes Vorsingen und danach entscheidet das Los. Und dennoch ist der Klang sehr sauber, wie auch der frühere Leiter des Fachbereichs Kultur und Musiker Johannes Engels in seiner Laudatio für einen weiteren Preisträger des Abends lobte.
Engels hatte sein Augenmerk ansonsten aber auf der ebenfalls ausgezeichneten Jugendkunstschule JuKu Karawane, die sich bereits seit 20 Jahren für die künstlerische Förderung von Kindern, Jugendlichen und jungen Menschen - mit und ohne Beeinträchtigungen - engagiert. Auch Erwachsene hat man zunehmend im Fokus. Ein Picasso-Zitat macht die Philosophie des Zusammenschlusses deutlich: „Als Kind ist jeder Künstler, die Schwierigkeit liegt darin, als Erwachsener einer zu bleiben.“ Um die aktuelle Vorsitzende Birgit Schmidt und Gründerin Rita Katharina Kolb gibt es ein großes Team an Künstlern und Kunstvermittlern, die wie der aktuelle Flyer des Vereins aufzählt: „malen, spielen, glasieren, zeichnen, töpfern, drucken, modellieren und sägen“ und da dürfte man noch einige Techniken und menschliche Fähigkeiten unterschlagen haben. Engels berichtete von zahlreichen Begegnungen in der „Karawanserei“ auf dem Bürgerbräu-Areal und in weiteren JuKu-Ateliers. Beispielsweise traf er bei Constanze Hochmuth-Simonetti zuletzt auf einen Kurs mit zeichnenden Kindern, die hochkonzentriert und ganz still bei der Arbeit waren und sich eigentlich gar nicht mehr von Besuchern stören lassen wollten. Viele weitere kreative Orte und Persönlichkeiten wurden beim Festakt in einem kurzen Video vorgestellt. Der Dank galt explizit auch allen Ehemaligen des Netzwerks, das sich in 20 Jahren mehrfach wandelte. Die Karawane zog quasi immer weiter, fest im Sattel saßen in der gesamten Zeit Kinder und Jugendliche, denen immer wieder gezeigt wurde, dass auch schwere Krankheiten oder Beeinträchtigungen, nicht von Kreativität und Kunst ausschließen.
Mit Csaba Béke wurde 2023 auch eine Einzelperson mit einer Kulturmedaille geehrt. Doch schnell wurde auch bei diesem Preisträger deutlich: der Leiter des Theaters Chambinzky ist kein Einzelkämpfer, sondern ein kreativer Kopf mit vielen Ideen und Tatkraft, der sein Theater einer breiten Kulturszene in Würzburg geöffnet hat. Klaus Heuberger vertrat am Abend den erkrankten Kulturreferenten Achim Könneke und nannte den Tatendrang von Béke in seiner Rede anerkennend „fast schon hyperaktiv“, Oberbürgermeister Christian Schuchardt würdigte das Chambinzky als ein Beispiel, wie schwer es Kulturschaffende während der Corona-Pandemie und in Zeiten der Inflation hatten und haben und dennoch erfolgreiche Arbeit abliefern konnten – auch dank staatlicher und kommunaler Unterstützung für Spielstätten und unterschiedlichste Formate. Der Kultur komme eine zentrale Bedeutung zu, beim Kampf gegen das Auseinanderdriften der Gesellschaft im permanenten Krisenmodus. Das Chambinzky sei wiederum in Würzburg ein kulturelles Zentrum, das mehrere Genres unter einem Dach erfolgreich vereine.
Mit Christian Voll würdigte ein langjähriger Weggefährte bei zahlreichen Theaterproduktionen das energiegeladene „ungarisch-unterfränkische Duracell-Häschen“. Neben 12 bis 14 Eigenproduktionen im Jahr bleibe immer noch Kraft für neue Formate wie den Singer- und Songwriter-Contest, hohe Zielsetzungen in Sachen Inklusion oder Klimaneutralität sowie die Suche nach einer Freiluftspielstätte und vieles, vieles mehr. Voll erinnerte an den Übergang des Theaters von Rainer Binz an Béke 2018 und lobte wie behutsam der Nachfolger - allem Tatendrang zum Trotz - auch das Erbe und Lebenswerk seines Vorgängers bewahre.