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Kulturpreis und Förderpreise 2023: Monteverdichor für Spitzenleistungen und Experimentierfreude belohnt

Der Kulturpreisträger der Stadt Würzburg 2023 sind viele und doch einer ganz besonders. Mit dem Monteverdichor ehrte man nun den von Prof. Matthias Beckert seit 1998 als Dirigenten betreuten Klangkörper.
 

Kulturpreis 2023-12
Kulturpreis 2023-12 (c) Georg Wagenbrenner
Der Ratssaal als Konzertsaal und überdimensionales Siegertreppchen: Der Monteverdichor unter der Leitung von Prof. Matthias Beckert erhielt nun den Kulturpreis der Stadt Würzburg. Oberbürgermeister Christian Schuchardt und Kulturreferent Achim Könneke zeichneten zudem Marie-Thérèse Zahnlecker und Theresa Maria Romes für die Gründung des Kammermusik! Festivals, den Maler Jaroslav Dražil und Filmemacher Frank Christian Wagner mit Kulturförderpreisen aus.

2007 erhielt der Chor bereits die städtische Kulturmedaille, zwischenzeitlich kann man auf 25 äußerst erfolgreiche Jahre zurückblicken. Mit „If Ye Love Me“ von Thomas Tallis und Rheinbergers „Abendlied“ bekamen die Festgäste ausdrucksstarke Kostproben im Ratssaal und später noch mit „Der Mond ist aufgegangen“ eine Zugabe beim Empfang im Foyer zu hören. Mit zwei 1. Plätzen beim Bayerischen Chorwettbewerb und einem 1. Preis beim Deutschen Chorwettbewerb und vielen weiteren Auszeichnungen wie auch den Bayerischen Staatspreis für Musik zählt der Monteverdichor Würzburg zu den Spitzenchören Deutschlands. 

Über 100 Studierende und Alumni der Universität Würzburg beweisen bei regelmäßigen Auftritten mit einem Repertoire von der Renaissance bis in die Gegenwart ihr Können. Dem Würzburger Publikum beschert das experimentierfreudige Ensemble immer wieder Uraufführungen. Gebucht wird der Monteverdichor bundesweit, und die Diskografie füllt bereits ein kleines CD-Regal. Regine Toyka betonte in ihrer Laudatio die ungemeine Professionalität, die im Ehrenamt erreicht wurde, allen voran von Prof. Beckert: „Sein bewundernswertes Energiepotential zeigt sich darin, dass er noch einen weiteren bayerischen Chor leitet, Cantabile Regensburg, mit dem er in diesem Jahr beim Deutschen Chorwettbewerb erneut auf dem Siegertreppchen stand.“

Die weitere musikalische Umrahmung übernahmen ebenfalls Preisträger des Abends: Marie-Thérèse Zahnlecker (Klavier) und Theresa Maria Romes (Sopran) überzeugten als Duo, die Jury hatte aber ihr Organisationstalent auf den Plan gerufen. Den Kulturförderpreis erhielten die jungen Musikerinnen für das von ihnen gegründete „Kammermusik!“ Festival, das seit 2021 Würzburgs Kulturlandschaft bereichert. Steffen Zeller vom Tonkünstlerverband Bayern weiß nur zu gut, welche komplexen Fragen von der GEMA, über die Künstlersozialkasse bis zur Förderkulisse mit der Organisation und Durchführung eines Festivals verbunden sind. Er zog vor den ebenfalls ehrenamtlich engagierten jungen Musikerinnen seinen Hut und empfahl das Festival allen, die es noch nicht besucht haben. 

Mit Jaroslav Dražil wurde zudem ein Maler mit dem Förderpreis ausgezeichnet, der innerhalb weniger Jahre eine unverwechselbare Bildsprache entwickelt hat. Seine Darstellungen von Birken, Gebirgen und erdachten Personen sind über die Region hinaus gefragt und inspirierend. Die Laudatio hielt mit Dr. Markus Josef Maier der Kurator der bislang größten Einzelausstellung des Künstlers. Das Martin von Wagner Museum zeigte im vergangenen Jahr mit „Factum est“ einen Zyklus von Motiven aus dem Neuen Testament, die laut Maier keineswegs „fromme Ikonen darstellten“, sondern aufgrund ihrer zeitlosen Ästhetik vielschichtige Assoziationen zuließen. 

Den Abschluss des Festakts bildete in diesem Jahr eine Filmvorführung. Frank Christian Wagners Kurzfilm „A Father’s Job“ war der Jury ebenfalls einen Förderpreis wert und so wurde der Ratssaal am Ende zum Kinosaal. Mit eindrücklichen Bildern und kluger Regie erinnert der Filmemacher an jüdische Schicksale während der Zeit des NS-Regimes, das für millionenfachen Mord und ebenso für tausendfachen Selbstmord verantwortlich gemacht werden muss. Die Auszeichnung mit einem Kulturförderpreis ist bereits die 70. Auszeichnung für dieses Kunstwerk, das Wagner entgegen seiner beruflichen Werbefilme als „kreative Selbstverwirklichung“ schuf. Er konnte auf ein großes Team von rund 80 Beteiligten zählen. Klaus Heuberger lobte als Laudator das hollywood-reife Niveau der Produktion von der Kamera bis zum Kostüm und sah sich nicht nur angesichts der erschütternden Thematik an „Schindlers Liste“ von Steven Spielberg erinnert. Man sei stolz, einen solchen Filmemacher in der Stadt zu haben. Wagner bedankte sich für die Würzburger Anerkennung, die er unter den Ehrungen ganz oben ansiedle, auch weil er sich in seiner Wahlheimat „nicht wohler fühlen könne“.

Oberbürgermeister Christian Schuchardt würdigte die sehr unterschiedlichen Preisträger in seiner Begrüßung mit einem verbindenden Adenauer-Zitat: „Ehrungen, das ist, wenn die Gerechtigkeit ihren guten Tag hat“. Die Jury unter dem Vorsitz des Kulturreferenten Achim Könneke sei zu einem hervorragenden Ergebnis gekommen, die Preisträger stünden für eine reiche und lebendige Stadtkultur und eben auch für einen außerordentlichen Fleiß, der nun belohnt wird. Schuchardt verglich Würzburg in einem kurzen Exkurs mit der einstigen Seemacht Venedig, einer kleinen Stadt mit großer Einflusssphäre. In Würzburg habe man sicher bescheidenere Ressourcen und Institutionen als in Metropolen wie Berlin, doch durch die kurzen Wege habe die Stadt eine unglaubliche Dichte und Stärke im künstlerischen und kreativen Bereich entwickelt. In Würzburg sei es oft leichter, für Projekte Mitstreiter oder Unterstützer zu finden als in der Anonymität der Millionenstadt. Die Früchte dieses Miteinanders könne man an einem solchen Abend gemeinsam feiern. 

Kulturreferent Könneke nutzte den Festakt für einen Appell an die Politik, die freie Kulturszene nicht nur im Rahmen von Preisverleihungen zu hegen und zu pflegen, sondern sich auch im Rahmen der nun anstehenden Haushaltsberatungen klar zur Kulturstadt Würzburg zu bekennen. Er „plauderte aus dem Maschinenraum“, dass es schon im Vorfeld ein Ringen um die Etats gegeben habe. Pauschale Kürzungen bei den Förderungen konnten nur mit Mühe und dank einer entsprechenden OB-Empfehlung abgewendet werden. Der Haushalt sei stets ein guter Seismograf, welchen Stellenwert Kunst und Kultur wirklich genießen. Auch die Fortführung eines eigenständigen Kulturreferats über den nächsten Sommer hinaus habe zuletzt nur eine knappe Mehrheit im Stadtrat gesichert. Es gebe aber auch eindeutig positive Signale aus dem Würzburger Stadtrat. So zeigte sich Könneke erfreut, dass es nach einem einstimmigen Beschluss im Kulturausschuss nun nur noch eine Formsache sein dürfte, ab dem nächsten Jahr den Jehuda-Amichai-Literaturpreis auszuloben. Pünktlich zum 100. Geburtstag des Poeten wird es dann im Zwei-Jahres-Turnus einen weiteren Würzburger Preis geben, der jüdisches Leben und jüdische Kultur sichtbar machen, vermitteln und reflektieren soll. Würzburg kann sich auf weitere anregende Preisverleihungen freuen.

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